Hast du schon einmal darüber nachgedacht, eine Mikrobiomanalyse durchzuführen? Ein verändertes Mikrobiom wird mit verschiedenen Erkrankungen und Syndromen, wie entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), Reizdarmsyndrom, Diabetes, Allergien, Autoimmunerkrankungen, bestimmten Stoffwechselerkrankungen und sogar psychischen Störungen wie Depressionen und Angstzuständen in Verbindung gebracht. Diese Erkenntnis ist schon lange bei zahlreichen Firmen, die Mikrobiomanalysen anbieten, angekommen. Warum du dir das Geld aber lieber für sinnvollere Dinge sparen solltest, erfährst du im heutigen Beitrag.
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Was ist das Mikrobiom überhaupt?
Mit dem Begriff „Mikrobiom“ wird das gesamte Genematerial der Darmbakterien bezeichnet. Gleichzeitig wird der Begriff synonym für die Gesamtheit aller Darmbakterien verwendet. Diese Bakterien sind kleine Mikroorganismen, die hauptsächlich im menschlichen Dickdarm angesiedelt sind und unsere Gesundheit maßgeblich beeinflussen können. Sie dienen zum einen als Schutzbarriere gegenüber schädlichen Keimen, interagieren eng mit unserem Immunsystem und sind für einen optimal funktionierenden Stoffwechsel von Bedeutung.
Im menschlichen Organismus existieren über 2000 verschiedene Bakterienarten. Die individuelle Zusammensetzung des Mikrobioms ist sehr individuell und wird durch eine Vielzahl an Faktoren beeinflusst.
Ein genauerer Blick auf die Entstehung des Darmmikrobioms verdeutlicht, wie äußerliche Faktoren die Besiedlung des Darms beeinflussen können.
Entstehung des Mikrobioms
Die Art der Geburt beispielsweise hat einen Einfluss auf die Darmbakterien. Während bei einer natürlichen Geburt hauptsächlich die mütterlichen Darmbakterien auf das Neugeborene übertragen werden, dominieren bei einem Kaiserschnitt Bakterien von der Haut und der Krankenhausumgebung.
Auch die Säuglingsernährung spielt eine Rolle in der Prägung des Mikrobioms. Muttermilch führt im ersten Lebensjahr zu einer größeren Vielfalt bestimmter Bakteriengattungen, was sich positiv auf die Säuglingsgesundheit auswirken kann. Ab zwei Lebensjahren stabilisiert sich im Regelfall das Darmmikrobiom und bis zum Erwachsenenalter sollte eine relativ konstante Besiedlung des Darms vorhanden sein, die bei gesunden Erwachsenen eine sehr hohe Vielfalt aufweist.
Weitere Einflussfaktoren – Dein Mikrobiom ändert sich täglich!
Jeder Mensch hat ein hochspezifisches, individuelles Mikrobiom, das von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird:
Ernährung - mit der jeweiligen Zusammensetzung aus Fetten, Eiweißen und Kohlenhydraten
Medikamente
Stress
Schlafgewohnheiten
Bewegung
Genetik
Umwelteinflüsse, wie Pestizide
Alter
Ob eine Veränderung deines Mikrobioms auf eine Erkrankung oder einen anderen Einflussfaktor zurückzuführen ist, lässt sich in der Regel nur unter klinischen Bedingungen nachgewiesen, wie bspw. in Mausstudien, in denen alle angeführten Einflussfaktoren gleich sind.
Die entscheidende Frage: Ist eine Mikrobiomanalyse für mich sinnvoll?
Eine Studie aus dem Jahr 2023 (Li et al., 2023), welche sich mit personalisierter Ernährung basierend auf einer Mikrobiomanalyse befasst hat, kommt zu dem Schluss:
"Um gute Erkenntnisse aus der Mikrobiomanalyse zu gewinnen, sind zwingend weitere personenbezogene Parameter erforderlich, wie Laborwerte, Informationen zu Ernährungs-, Schlaf-, und Sportgewohnheiten, sowie Stress. Werden alle Daten miteinander kombiniert und mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen gearbeitet, so können bei manchen Fragestellungen valide Daten produziert werden."
Bei typischen Mikrobiomanalysen, die von diversen Firmen angeboten werden, handelt es sich um „Wohnzimmertests“, bei denen der Großteil der Parameter, welche das Mikrobiom beeinflussen, nicht erhoben wird. An zwei aufeinanderfolgenden Tagen können vollkommen unterschiedliche Ergebnisse auftreten. Aus diesem Grund sind Ergebnisse gängiger, am Markt frei verkäuflichen, Mikrobiomanalysen ohne Aussagekraft.
Es gibt einige weitere Einschränkungen, die du berücksichtigen solltest:
Die Anzahl der durchgeführten Studien am Menschen ist noch begrenzt, da es sich um ein vergleichsweises neues Forschungsgebiet handelt. Viele Erkenntnisse werden aus Tierversuchen abgeleitet, beispielsweise von Mausversuchen, die nicht einfach auf den Menschen übertragbar sind.
Natürliche Schwankungen erschweren die Mikrobiomanalyse. Aufgrund der hohen Individualität des Mikrobioms können bisher keine Norm- und Referenzwerte festgelegt werden. Zudem zeigen Menschen mit identischer Symptomatik (z.B. Reizdarmsyndrom) oft völlig unterschiedliche Mikrobiommuster.
Bisher existieren keine standardisierten Verfahren, wie eine Mikrobiomanalyse durchgeführt werden sollte. Somit ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse nicht gegeben. Zudem kann das Ergebnis stark variieren, angefangen bei der Entnahme der Stuhlprobe bis zum Zeitpunkt, an dem die Probe im Labor eintrifft. Dies liegt daran, dass einige Bakterien unter bestimmten Bedingungen, wie beispielsweise Luft im Probengefäß, besonders gut gedeihen, während andere dabei absterben können.
Es fehlt an klinischer Relevanz, da selbst bei einer festgestellten Dysbiose (ein Ungleichgewicht zwischen Bakterienstämmen) noch keine klare Vorhersage über das Vorliegen einer Erkrankung getroffen werden kann. Die Gefahr, die aus solch einer voreiligen "Diagnose" resultiert, besteht in der Selbstbehandlung der betroffenen Person ohne professionelle Unterstützung.
Die hohen Kosten der Mikrobiomanalyse werden nicht von der Krankenkasse übernommen, da sie (bisher) kaum als diagnostisches Tool anerkannt ist.
Wenn du das Gefühl hast, dass mit deinem Darm etwas nicht stimmt, investiere lieber Zeit und Geld in die Zusammenarbeit mit Ernährungsexpert*innen und Gastroenterolog*innen. Diese können dich bei der Ursachenfindung deiner Darmprobleme und deren Therapie unterstützen.
QUELLEN:
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